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IT-Aufgaben an Schulen

An einer Schule fallen vielfältige Aufgaben im Bereich der IT an, die Verteilung der Verantwortung basiert allerdings auf einer Verwaltungsvorschrift von 1998 und fährt die IT-Administratoren an die Wand.

In diesem Artikel versuche ich einige der Aufgaben, die im Bereich IT an einer Schule anfallen, zu benennen. Darüber hinaus versuche ich zu beschreiben, wo die Verantwortung für diese Aufgaben derzeit in Baden-Württemberg verortet ist und benenne exemplarisch einige Probleme.

Die Aufzählung erhebt selbstverständlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder 100%ige Korrektheit und Allgemeingültigkeit, sondern soll vielmehr als Diskussionsgrundlage für eine Reorganisation der Strukturen und Aufgaben dienen.
Hier werden exemplarisch einige mögliche Änderungen genannt. Weitergehende Vorschläge werde ich in einem weiteren, zukünftigen Beitrag thematisieren.

Ich freue mich auf Mitdenker:innen und eine rege Diskussion – entweder persönlich, in der Kommentarfunktion oder auf Twitter!

Entwicklungsplanung: Die eingesetzte Technik muss zur Schule und den methodischen und didaktischen Zielen, aber auch zu den örtlichen Gegebenheiten passen. Daraus ergibt sich, dass hier zwangsläufig die Schulgremien sowie der Schulträger beteiligt wird. Jedoch sollten die formalen Anforderungen an die Medienentwicklungsplanung – welche vom Kultusministerium gestellt werden, und bei welchen Landesmedienzentrum und Kreismedienzentren beteiligt sind – deutlich verringert werden. Es macht keinen Sinn, dass man begründen muss, warum man einen leistungsfähigen Internetanschluss, WLAN oder auch Beamer bzw. Displays benötigt. Dies sollte zur selbstverständlichen Grundausstattung gehören, wie auch keine Schule begründen muss, warum sie eine Tafel und Kreide anschafft. Zudem muss der formale Teil der Planung so praktikabel wie möglich sein. In Baden-Württemberg wurde z.B. aufwändig ein Onlinetool entwickelt, der Großteil der mir bekannten Schulen hat den Medienentwicklungsplan jedoch „an diesem Tool vorbei“ geschrieben, da das Tool und das damit verbundene Verfahren zu aufwändig und zu bürokratisch war (Beispiel von German over-engineering?).

Entwicklung von zentralen Angeboten wie Bildungsplattformen und „pädagogischen Musterlösungen“: Dies erfolgt in Baden-Württemberg zentral, die Bildungsplattform ist im @KM_BW verortet (und bislang wenig erfolgreich), die pädagogischen Netzwerklösungen werden vom LMZ entwickelt, wobei es auch gute alternative Lösungen von externen Anbietern gibt. Das das @KM_BW ist mit dem ZSL in der Aus- und Weiterbildung beteiligt.
Bei der paedML sieht man einige Schwierigkeiten:
So Entscheiden in der Regel die Schulträger – hoffentlich in Absprache mit den Schulen – darüber, welche Angebote eingesetzt werden. Formell sind die Schulträger für den Betrieb der Lösungen verantwortlich, dies wird jedoch häufig an die Schulen abgeschoben. Die paedML-Lösungen werden vom LMZ entwickelt, aber die Fortbildungen werden durch das ZSL durchgeführt.

Diese verschachtelten Kompetenzen führen zu absurden Phänomenen:
So war längere Zeit auf den Fortbildungen ein Weg kommuniziert worden, wie man die Tauschlaufwerke für den externen Zugriff öffnet. Dieser Leitungsumfang war jedoch formell nicht Teil der paedML, sondern „nur“ durch die Fortbildner kommuniziert worden (einige Fortbildner arbeiten zum Teil aber auch für das LMZ in der Entwicklung der paedML). Diejenigen Schulen, welche diesen Weg der Öffnung der Tauschverzeichnisse gegangen waren, haben bei einem Upgrade der paedML riesige Schwierigkeiten bekommen. Teilweise war das Netzwerk mehrere Tage außer Betrieb und die Tauschverzeichnisse konnten teils wochenlang nicht von außen oder von anderen Geräten im Netzwerk (z.B. iPads) verwendet werden. Interessant dabei: das LMZ fühlte sich nicht zuständig, da die Öffnung der Tauschverzeichnisse nie offiziell Teil des Funktionsumfangs der paedML war. Das Problem und die dazugehörige Lösung wurde nicht kommuniziert.
Auf Nachfrage an verschiedenen Stellen, warum bekannte Probleme und Lösungen nicht kommuniziert werden, wurde mir folgendes geschildert:
Das LMZ sieht sich in Konkurrenz du den kommerziellen Anbietern, und will deshalb aus Marketingaspekten keine Fehler in der Lösung kommunizieren. Darüber hinaus würde die Kommunikation von Problemen und Lösungen die Anzahl und die Bearbeitungsdauer der Support-Tickets senken. Diese Zahlen müssten jedoch hoch sein, um die zugehörigen Stellen LMZ-intern und politisch zu rechtfertigen. Sprich: Je mehr Probleme es an den Schulen gibt, desto „besser“ die Ticketzahlen.
Hier müsste dringend die Zielsetzung geändert werden. Alles sollte auf das Ziel ausgerichtet werden, den Schulen funktionierende, einfach zu administrierende und zeitgemäße, nutzerfreundliche Lösungen zur Verfügung zu stellen. Insbesondere die Kommunikation ist hier ein großer Baustein, der neu gedacht werden muss.

Klärung datenschutzrechtlicher Fragen: Zwar finden sich immer wieder Nachrichten zu Datenschutzklärungen für zentrale Elemente der Bildungsplattform wie z.B. O365 und ähnliche, aber derzeit ist die Schulleitung bzw. die individuelle Lehrkraft dafür verantwortlich, jede Anwendung, die sie verwendet, datenschutzrechtlich zu überprüfen. Dazu gibt es die folgende Liste, bei deren Betrachtung jeder Person klar werden sollte, dass dies durch Lehrkräfte nicht leistbar sein kann.


In diesem Bereich ist insbesondere spannend, dass man Dinge in die Verantwortung der Lehrkräfte übergibt, welche teilweise durch das @KM_BW als „nicht leistbar“ bezeichnet wurden. Wie soll aber etwas, das zentral fürs ganze Land durch ein Ministerium mit über 400 Mitarbeitern nicht leistbar ist, für die einzelne Lehrkraft leistbar sein?

Hier sollte es zumindest zentral eine „Whitelist“ an Apps und Anwendungen geben, und eine Möglichkeit, über Neuigkeiten informiert zu werden. Idealerweise sollte ggf. auch datenschutzfreundliche Alternativen und „Best Practice“-Beispiele zur datenarmen Verwendung gegeben werden.
Im Windows-Bereich sollten die Apps und Anwendungen der Whitelist mit den entsprechenden Plattformen (wie z.B. den pädagogischen Musterlösungen) werden und lauffähige Installationspakete zur Verfügung gestellt werden (aktuell SoN – Software im Netz des LMZ)

Server-Administration: grundlegende Einstellungen, Einspielen von Sicherheits- und Funktionsupdates, Verfügbarkeit und ausreichende Kapazitäten sicherstellen.
Dieser Bereich liegt aktuell bei den Schulträgern. Da jedoch viele, insbesondere kleinere, Schulträger das nicht adäquat leisten können wird es gerne an die Schulen abgeschoben, oft verbunden mit einem (oftmals zu kleinen) Etat für einen Dienstleister. Zuverlässige und kompetente Dienstleister sind – insbesondere als Einzelschule im ländlichen Raum – allerdings schwer zu finden und es bedarf vieler Absprachen und Auftragsvergaben, was durchaus zeitaufwändig ist. Die Netzwerkberater, die dies oftmals übernehmen, werden nicht ohne Grund an vielen Schulen „Administratoren“ genannt. Unterstützung erhalten die Netzwerkberater durch die „Arbeitskreise Netzwerk“. Dabei handelt es sich um ca. 4 eintägige Fortbildungsangebote pro Jahr, durchgeführt vom ZSL. Die Arbeit in diesem Bereich übersteigt oftmals die Kompetenzen und die zeitlichen Ressourcen der Netzwerkberater, müssen aber dennoch von diesen übernommen werden.

Datenpflege im Netzwerk: Nutzer anlegen, Rechte vergeben, bei Schuljahreswechsel Klassen entsprechend neu zusammenstellen.
Diese Aufgabe liegt aktuell in der Regel bei den „Netzwerkberatern“, also den Lehrkräften, welche in der Regel aufgrund der vielfältigen sonstigen Aufgaben völlig überlastet sind. Diese Aufgabe könnte auch nach kurzer Einführung durch das Verwaltungspersonal der Schule getätigt werden, müsste dazu aber explizit als solche genannt werden, damit es dann sich in den Aufgabenbeschreibungen und im Stundenumfang der Stellen wiederfindet.

First-level Support: Hier geht es darum, wer erste:r Ansprechpartner:in für Schüler:innen und Kolleg:innen bei Problemen ist. Die sind heute meist die Netzwerkberater:innen. Teilweise haben sich diese Unterstützungsstrukturen aufgebaut. So gibt es digitale Wissensdatenbanken, Erklärvideos und Hilfe-Kurse auf Moodle. Darüber hinaus haben einige Netzwerkberater:innen Schüler:innen über AGs gewonnen, welche dann unterstützen.
Prinzipiell sind diese Strukturen ganz gut geeignet, müssten aber mit mehr Zeitstunden vergütet werden. Einige Tätigkeiten könnten sicherlich auch die Schulsekretariate übernehmen (z.B. im Bereich Zugangsdaten), soweit diese mit den entsprechenden Stunden und Tätigkeitsbeschreibungen ausgestattet würden.

Client-Administration und Wartung der paedML: Einspielen von Sicherheits- und Funktionsupdates auf die einzelnen Geräte, Installation von neu benötigter Software, Funktionstests, grundlegende Einstellungen an den PCs, Erstellen von Profilen, Installation von Druckertreibern, uvm.
Diese Aufgaben sind heute meist formell in der Verantwortung des Schulträgers, werden jedoch häufig durch die „Netzwerkberater“, also durch Lehrkräfte durchgeführt. Diese Aufgabe könnte entweder an entsprechend geschultes Personal vergeben werden (z.B. auf Landkreisebene, siehe dazu Vorschläge unten, ggf. auch durch Dienstleister, soweit möglich), oder durch eine massive Aufstockung weiterhin durch die Netzwerkberater durchgeführt werden. Wenn eine zentralere Lösung angestrebt ist, so muss diese dennoch auf die Gegebenheiten der Schule Rücksicht nehmen, und es benötigt dennoch die Netzwerkberater mit einem entsprechenden Zeitbudget als „Bindeglied“ zwischen der zentraleren Stelle und dem Kollegium.

Administration sonstiger Geräte, z.B. iPads:
Diese Aufgabe liegt teilweise bei den Schulträgern bzw. Stadt-/Kreismedienzentren, teilweise bei Dienstleistern oder beim Netzwerkberater. Jedes Modell hat seine Vor- und Nachteile. Oftmals hört man von Schulen, bei welchen die Administration zentral geregelt ist, dass die Geräte völlig „zugenagelt“ und dadurch kaum nutzbar sind. Wenn die Geräte vor Ort administriert werden, ist dies meist praxisnäher. Allerdings sind für diese Tätigkeit keine Stunden vorgesehen. Neben der eigentlichen Administration gibt es in der Regel viel Papierkram zu erledigen: So muss z.B. der Verleih von iPads durch einen Leihvertrag dokumentiert werden und Versicherungsfälle müssen abgewickelt werden. Diese Aufgaben liegen derzeit häufig im Bereich des Sekretariats (falls in Aufgabenbeschreibung enthalten) oder bei den Netzwerkberatern/Lehrkräften.
Auf welcher Ebene diese Tätigkeiten am sinnvollsten angesiedelt sein sollten ist durchaus umstritten. Zwar spricht Effizienz für eine gewisse Zentralisierung, jedoch darf dies nicht zu praxisfernen Abläufen und Regelungen führen. Die Formalien sollten in den Schulsekretariaten angesiedelt werden, jedoch muss natürlich hierfür die Aufgabenbeschreibung und der Stundenumfang hierzu passen.

Finanzierung/Finanzplanung: Dies ist Aufgabe der Schulleitung gemeinsam mit dem Schulträger. Die Schulträger stellen die Mittel und sind für die Finanzen verantwortlich. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Schulträger. Im IT-Bereich kommen aktuell viele Mittel auch aus Landes- und Bundesförderprogrammen. Insbesondere kleine Schulträger sind hier oftmals mit den verschiedenen Anträgen/Förderprogrammen überfordert.
Spannend ist hier natürlich auch immer, welche Ebene am Ende was bezahlen muss. Welche Aufgaben muss also z.B. der Netzwerkberater/die Lehrkräfte erledigen, für was muss der Schulträger Personal oder Gelder für Dienstleister stellen, was ist Aufgabe des Landes oder des LMZs, was erledigt das KMZ? In der Praxis kann dies durchaus komplex werden, der Teufel liegt im Detail.
Beispiel: Ein Klassenzimmer soll einen Beamer+AppleTV erhalten – eigentlich keine große Sache: Neben der allgemeinen Planung (Medienentwicklungsplanung) und Aufgabenverteilung, der Beschaffung/Ausschreibung und der Montage stellen sich hier oftmals interessante Fragen: Muss z.B. eine Steckdose für Beamer+AppleTV installiert werden, so muss die Kosten dafür der Gebäudebesitzer bezahlen, die Hardware wird oftmals durch die Schule im Namen des Schulträgers mit Mitteln aus dem Digitalpakt angeschafft. Sofort sind also diverse Ebenen beteiligt, welche koordiniert werden müssen.

Reinigung: Viele Kommunen haben die Reinigung ihrer Gebäude an (billigste) externe Dienstleister vergeben. Das führt dazu, dass die Reinigungskräfte oft durch (Sub-)Dienstleister gestellt werden, und unter massivem Zeitdruck stehen. Da viele Reinigungsfirmen ihr Personal nicht „in die Nähe von technischen Geräten“ kommen lassen, bleibt die Reinigung von Tastaturen, Monitoren und anderen technischen Geräten oft an den Lehrkräften hängen. Hier müssten die Schulträger für die Reinigung zuständig sein.

Hinweis: Da ich nun schon recht lange an dieser Auflistung sitze, veröffentliche ich es mal so, wie es jetzt ist, auch wenn ich selbst noch nicht zufrieden bin. Die Thematik ist derart komplex und in sich verworren, dass es nicht unbedingt besser wird, je länger ich daran feile.
Hinweise und Ergänzungen werde ich ggf. nach und nach einarbeiten.

Ergänzungen (Danke für die Hinweise!):

https://twitter.com/damiel_gc/status/1447448122804801538?s=20

2 Antworten auf „IT-Aufgaben an Schulen“

Bei den IT Aufgaben an Schulen fehlt „Innovation“. Die Letzten Jahre waren geprägt von der Einführung neuer Technologien an den Schulen. Das muss auf Grundlage pädagogischer Überlegungen erfolgen und klug hochgefahren werden, um möglichst alle Beteiligten zu überzeugen und mitzunehmen. Innovation kann nur von Lehrkräften mit technischer Kompetenz ausgehen und keinesfalls von IT Fachleuten der Schulträger. Zentral gelenkte Innovation ist träge, hat eher Akzeptanz Probleme und unterdrückt einen Wettbewerb der Ideen.

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